Rettungszug |
Zugunglücke, so selten sie auch in Deutschland sind, haben aufgrund ihrer spezifischen Eigenarten in der Regel katastrophale Ausmaße. Ursache dafür sind unter anderem eine verhältnismäßige hohe Menschenkonzentrationen in einem begrenzten Raum, hohe Geschwindigkeiten und eine enorme Masse. Dementsprechend sind die Sicherheitsstandards von Zügen und Gleisanlagen der Deutschen Bahn sehr hoch. Durch Wartung und Überprüfungen wird das Risiko eines Störfalles minimiert. Aber das Sicherheitskonzept der Deutschen Bundesbahn beinhaltet nicht nur die regelmäßige Wartung und Überprüfung, sondern weitere Präventivmaßnahmen. Eine davon ist die Vorhaltung von Rettungszügen. Das Rettungszugsystem ist für den außergewöhnlichsten aller denkbaren Störfalle – einen brennenden Reisezug innerhalb einer Tunnelanlage - ausgelegt. Rettungszug – Hightech auf Schienen Der Rettungszug wurde durch die Deutsche Bundesbahn in Zusammenarbeit mit den Ministerien der betroffenen Bundesländer entwickelt. Die Standorte der 5 Rettungssysteme wurden aufgrund von örtlichen Schwerpunkten ausgewählt. Jeder dieser Rettungszüge wird ständig in Einsatzbereitschaft gehalten. Alle notwendigen Aggregate und Systeme werden 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr auf Betriebstemperatur gehalten. Löschmittel, Arbeitsmittel für die technische Hilfeleistung, Rettungsgeräte sowie medizinische Ausrüstungen werden ständig überprüft und wenn notwendig ergänzt bzw. ausgetauscht. Eine Lokführer - Bereitschaft (24 h) gewährleistet das sofortige Ausrücken im Notfall. Aufbau eines Rettungszugs Der Rettungszug besteht aus 7 Komponenten.
Triebwagen 1
Die Lok I ist die Hauptzugeinheit des Rettungszuges. Ausgestattet mit Wärmebildkameras und weiteren technischen Sichthilfen kann der Zugführer auch bei Sichtbehinderung durch Rauch und Nebel den Rettungszug sicher führen. Der Führerstand ist nicht gasdicht konstuiert. Für Notfälle stehen Atemschutzgeräte zur Verfügung. Beim Einfahren in verrauchte Tunnelanlagen wechselt der Lokführer in den Transportwagen I und führt den Zug von einem sicheren Wendezugsführerstand aus. Über zwei Monitore kann er Bilder der technischen Sichthilfen abrufen. Modere Kommunikationsanlagen sichern die Verbindung des Lokführers mit der Einsatzleitung der Feuerwehr. Transportwagen I
Der Transportwagen I dient zum Transport von bis zu 60 Einsatzkräften. Der Wagen ist in einer gasdichten Containerbauweise ausgeführt und verfügt über eine außenluftunabhängige Atemluftversorgung. 30 6-Liter-Pressluftflaschen versorgen über ein Austauschsystem und eine Wiederaufbereitungsanlage die Insassen mit Frischluft für max. 8 Stunden. Eine Kommunikationseinheit mit mehreren 4 m Funkgeräten, technische Sichthilfen, Atemschutzgeräte, Reservepressluftflaschen, Rettungs- und Bedarfsmittel für die medizinische Erstversorgung ist in umfangreicher Anzahl verlastet. Der Transportwagen I kann nur über eine Schleuse betreten oder verlassen werden. Die Schleuse verhindert das Eindringen von Rauch und anderen schädigenden Substanzen.
Gerätewagen Im Gerätewagen des Rettungszuges ist eine umfangreiche Ausstattung für die technische Hilfeleistung und für einen eventuellen Löschangriff untergebracht. In zwei Geräteabteilen sind mehrere hydraulische Rettungsgeräte (Schere/Spreizer), elektrische und kraftstoffbetriebene Trennschleifer, 5 Elektroaggregate sowie autogene Trennschneidgeräte vorhanden. Insgesamt entspricht die Beladung des Gerätewagens der Ausrüstung von etwa drei HLFs (Hilfeleistungslöschfahrzeugen). Weiterhin stehen zwei Relaisstationen für die notwendige Funkverbindung zur Verfügung. Diese müssen exakt im Tunnel platziert werden, damit eine Verständigung zu den Bereitstellungsräumen außerhalb des Gefahrenbereiches möglich ist.
Löschmittelwagen Auf dem Löschmittelwagen werden 20000 Liter Wasser und 1000 Liter Schaumbildner mitgeführt. Über 2 stationäre Pumpen mit einer Gesamtförderleistung von 1600 Liter/Minute werden die Angriffstrupps mit Löschwasser versorgt. An dem Rettungszug sind dafür auf der gesamten Länge mehrere Wasserabgänge installiert. Weiterhin sind 100 Krankentragen auf dem Löschmittelwagen vorhanden. Mittels zwei Gleisloren, die ebenfalls auf dem Löschmittelwagen mitgeführt werden, können benötigte Materialien und Ausrüstungen kräfteschonend transportiert werden. Sanitätswagen Der Sanitätswagen ist in einer gasdichten Containerbauweise ausgeführt. Über eine Schleuse können verletzte Personen nach einer Erstversorgung zur weiteren Behandlung zwei Notärzten übergeben werden. Den Notärzten stehen dafür 2 moderne und gut ausgestattete Behandlungsplätze zur Verfügung. Diese sind sogar für Notoperationen ausgerüstet. Im hinteren Teil des Sanitätswagens können bis zu 30 Patienten auf ihren Abtransport warten. Der Sanitätswagen ist ebenfalls mit einer außenluftunabhängigen Luftversorgungsanlage ausgerüstet. Ein Notstromsystem sorgt dafür, dass die notwendige Energie für lebenserhaltene Geräte zur Verfügung steht. Der Sanitätswagen ist über eine begehbare Schleuse mit dem Transportwagen II verbunden, der im Ernstfall in Verbindung mit der Lok II verletzte Personen sicher aus dem Gefahrenbereich bringen kann. Transportwagen II Der Transportwagen II ist baugleich mit dem Transportwagen I. Zusätzlich ist er mit einem automatischen Kupplungssystem versehen. Dies dient dazu, dass der Transportwagen in Verbindung mit der Lok II als „Pendelsystem“ eingesetzt werden kann. So können z.B. verletzte Personen heraus und Reservekräfte herein gebracht werden. Triebwagen 2
Die Lok II ist baugleich zur Lok I aufgerüstet. Sie dient als Reservezugeinheit. Gleichzeitig wird sie in Verbindung mit dem Transportwagen II als Pendelsystem eingesetzt. Schnelle und effiziente Taktik Eine schnelle und effektive Taktik ist eine Notwendigkeit, um dem hohen Einsatzwert des Rettungszuges gerecht zu werden. Bei einem Störfall werden gleichzeitig zwei Rettungszüge alarmiert. Diese fahren vorbereitete Übernahmeplätze an und übernehmen ausgebildete Einsatzkräfte der Feuerwehr, des Rettungsdienstes sowie zwei Notärzte. Aus zwei entgegengesetzten Richtungen wird die Unglücksstelle angefahren. Der Einsatzleiter der Feuerwehr entscheidet welche der beiden Rettungszüge in den Tunnel einfährt. Sobald die Unglückstelle im Tunnel erreicht wurde, beginnen die Einsatzkräfte der Feuerwehr die notwendigen Arbeiten zur Rettung der Personen. Kräfte des Rettungsdienstes führen bei Notwendigkeit Erstversorgungen vor Ort durch. Die Notärzte stellen im Sanitätswagen bei Bedarf die Transportfähigkeit von verletzten Personen sicher. Der Pendelteil des Rettungszuges beginnt die geretteten Personen zur weiteren Versorgung aus dem Tunnel zu fahren.
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